Jede Beziehung kommt irgendwann an einen Punkt, in der es kritisch wird. Sei es, durch den typischen, schlauchigen oder viel zu stressigen Alltag oder dadurch, dass es einen gravierenden Streit gab. Das Problem ist, dass es meist nicht bei einem einzigen solcher Streitereien bleibt. Gerade je länger man zusammen ist, umso mehr muss man auch mit Konfrontationen in der Beziehung rechnen, die leider auch mal das ganze positive Gefühl der Beziehung trügen können.
Problematisch wird es aber erst so richtig, wenn Menschen in genau diesen eher negativ geprägten Phasen dazu neigen, das Beziehungsaus in Betracht zu ziehen.
Sicherlich fragen sich jetzt einige von euch, was genau an diesem Gedankengang so schlimm sein soll. Immerhin ist es doch das richtige Verhalten, sich von seinem Partner zu trennen, sobald das Negative das Positive überwiegt und man keinen Sinn mehr darin sieht, keine Kraft mehr besitzt oder keine Unterstützung mehr vom Partner erhält, die Beziehung aufrechtzuerhalten. Ganz zu schweigen davon, dass, wenn man sich ungerecht behandelt fühlt oder nicht mehr glücklich ist, man ebenfalls einen Schlussstrich setzen sollte. Alles richtige Argumente, an die man sich auch dringend, auch zum Schutz des eigenen Selbst, halten sollte.
Nicht kämpfen, sondern flüchten?
Was passiert allerdings, wenn es nicht nur diese einzigartigen, gravierenden Streitgespräche sind, die zum Glück nur alle Jubeljahre vorkommen, wo unser Partner oder wir selbst mit der Trennung kämpfen müssen? Was, wenn bereits die kleinsten Erschütterungen oder Konfrontationen in der Beziehung ausreichen, dass man den Drang bekommt, sofort das Weite zu suchen, anstatt zu kämpfen?
Es gibt tatsächlich Menschen, die aufgrund diverser Faktoren, genau dieses “Fluchtmuster“ in ihren Beziehungen gebildet haben. Und selbst wenn dieses nicht bei jedem noch so kleinen Streit getriggert wird, kämpfen diese Menschen fast wöchentlich oder monatlich mit dem Gedanken, ihren Lieblingsmenschen verlassen zu müssen.
Und ja, die Betonung liegt hier bewusst auf “müssen“. Denn auch wenn dieses Verhalten bei den typischen Menschen zu finden ist, die keine Arbeit in Beziehungen stecken möchten, wenn diese nicht so läuft, wie sie es wollen, ist dies doch eher ein tiefliegenderes Problem, in Form eines inneren (Flucht)Dranges.
Doch warum kommt dieser Gedanke, trotz gut-funktionierender Beziehung
Wie bereits erwähnt ist der Trennungsgedanke an sich erst einmal gar nicht so schlimm. Wenn die Beziehung wirklich schrecklich läuft, sollte man diesen sogar haben. Und selbst wenn das nicht der Fall ist, hat man im normalen Alltag immer noch das Recht der freien Gedanken, z. B. wenn man sich still und heimlich über den Partner oder eine bestimmte Situation ärgert und beginnt alles zu verfluchen und an eine Trennung zu denken. Der Trick ist hier nämlich:
Diesen Gedanken nicht jedes Mal laut auszusprechen. Womit wir auch zum gravierendsten Problem kommen, dass mit dem ständigen Trennungsgedanken einherkommen kann. Nämlich diesen auszuleben und damit auch auszusprechen.
Es mag zwar sein, dass regelmäßige Kommunikation bei Problemen in Beziehung wichtig ist, so wie der Fakt, dass wir unserem Partner auch erzählen sollten, wie wir uns in der Beziehung fühlen und was uns stört, aber all dies nimmt ganz andere Ausmaße an, machen wir den “Trennungsgedanken“ zum Mittelpunkt dieser Gespräche.
Der Trennungsgedanke als Hilfeschrei
Natürlich sollten wir mit unserem Partner reden, wenn wir uns nicht wohlfühlen, aber wenn diese Trennungsgeschichte wahrhaftig bei fast jedem Streit auftaucht, also quasi Alltagsbestand wird, kann das ziemlich gefährlich für die Beziehung werden.
Denn der Gedanke der Trennung ist nicht einfach nur irgendein Kritikpunkt, er ist der unsichtbare Schlussstrich eures gemeinsamen Zusammenlebens und allein das Ansprechen von diesem, kann in eurem Partner eine massive Alarmreaktion auslösen. Allein schon, weil er euch, logischerweise, nicht verlieren will. Ganz schnell wird aus einem kleinen Gespräch, in der es eigentlich darum gehen sollte, die Beziehung zu erörtern, ein absolut ernstes Thema, bei dem sehr viel auf dem Spiel stehen kann.
Jedenfalls für den Partner, der sich mit dem Trennungsgedanken konfrontiert sieht, während der andere durch die Mitteilung dieses Gedankens, doch oft nur (unterbewusst) im Stil des “stillen Schreis“ handelt und in irgendeiner Art Bestätigung und das Sehen der eigenen Wünsche/Existenz erfahren möchte. Wenn auch auf die extremste und ungesündeste Art und Weise.
Angst im Partner zu schüren sollte nicht das Ziel sein
Erneut, es ist etwas anderes, wenn dieser Gedanke bereits seit Längerem im Unterbewusstsein herumschwirrt und immer wieder Bestätigung findet. So viel sogar, dass ihr um eure Beziehung und Liebe bangt und daher dringend mit eurem Partner gemeinsam eine Lösung finden wollt. Aber jedes Mal von einer Trennung zu sprechen, nur, weil etwas nicht so funktioniert, nur wie ihr euch das vorgestellt habt, kann nicht nur die Beziehung selbst, sondern auch euren Partner selbst unfassbar schlimm schädigen!
Euer Partner wird, wenn ihr stets mit Trennung droht, irgendwann eure Anliegen und auch euch damit, nicht mehr für voll nehmen und euch als diesen typischen, hysterischen, übertreibenden Partnertyp abstempeln. Ein besiegelter Untergang für die gesamte Beziehung, da solch ein Denken quasi mit der “Aufgabe des Partners“ gleichzusetzen ist. Auch könnt ihr mit solch einem Verhalten euren Partner so sehr schädigen, dass er komplett konfliktscheu wird und ab dahin jedem Streit aus dem Weg geht, aus Angst, er muss sich einem eventuellen, bereits gewohnten, Trennungsgespräch stellen.
Andersherum kann euer Partner auch zum typischen “Ja-Sager“ mutieren, um das Beziehungsaus zu verhindern, während er sich selbst dabei komplett vernachlässigt. Vor allem unsichere oder sehr in die Beziehung investierte und treue Partner, kann solch ein Verhalten komplett zerstören und irreparable Schäden hinterlassen, weil durch diese Gespräche stets ihre Angst getriggert wird.
Allein aus Selbstschutz wird und sollte euer Partner, sobald er diesem Verhalten zu lange ausgesetzt ist, selbst die Trennung in Betracht ziehen. Natürlich kann euer Partner, ganz im Vice Versa-Stil, durch solch eine Problematik, dasselbe Verhalten aufweisen wie ihr und vor lauter Überforderung einen dauerhaften Trennungsgedanken entwickeln, da er ständig mit eurem konfrontiert wird.
Zu viel Druck in der Beziehung
Einer der häufigsten Gründe für einen Trennungsgedanken, ist der Druck, der mit der Beziehung einhergeht.
Sei es nun der Fakt, dass mein Partner viel zu viel von mir oder der Beziehung erwartet, dass mein Partner oder ich selbst, ganz andere Dinge von der Beziehung wollen und nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen oder weil der Druck auf die Beziehung von Außen zu hoch ist (z. B. durch Stress mit den Schwiegereltern). Was immer auch der Druckpunkt eurer Beziehung ist, es ist deshalb ein Druckpunkt, weil ihr dazu gezwungen seid, sich diesem ausgesetzt zu fühlen. Ohnmachtsgefühle und die Angst, dem damit einhergehenden Druck nicht mehr standzuhalten, lassen euch ständig darüber nachdenken, ob all das Kämpfen am Ende wirklich noch wert ist.
Ständig in der Beziehung oder für diese zu kämpfen, kann ermüdend sein, weshalb es mit solchen erschwerten Rahmenbedingungen auch nicht besonders ungewöhnlich ist, wenn jeder noch so kleine Streit in einem den Drang auslöst, diese ganze “Stressbeziehung“ einfach nur noch zu beenden, damit man endlich seinen “Frieden“ zurück hat.
Hier bleibt nur abzuwägen, wie viel einem die Beziehung, so wie der Partner, wert ist und vor allem, wie sehr dieser einem entgegenkommt, um all diesen Druck aus der Beziehung zu nehmen. Ansonsten ist der Trennungsgedanke, so ungesund sein alltägliches Auftauchen auch sein mag, vielleicht einfach nur ein gutes Warnsystem, um sich selbst zu schützen. Denn gesund ist dauerhafter Druck, gerade in den eigenen vier Wänden und mit dem Menschen, mit dem man eigentlich zusammen glücklich werden möchte, definitiv nicht.
Unrealistische Einflüsse
Der zweite Grund für einen ständigen Trennungsgedanken ist, wer hätte es gedacht, der mediale Einfluss.
Sei es nun ein alter Disney-Film, der uns die Hilflosigkeit der Frau oder ein falsches, sogar toxisches Verliebtsein vorspielt oder ein Instagram-Profil eines berühmten Influencers, der uns all die schönen und retuschierten Bilder zeigt, wie ein Beziehungsleben wirklich aussehen soll. Überall liegen mediale Fallen, die unser Privatleben mit ihren Lügen und Klischees durchaus in Gefahr bringen können.
Denn weder bei irgendwelchen Online-Prominenten, bei denen das Leben immer so einfach aussieht, obwohl der Blick hinter die Kulissen fehlt, gerade weil das Bild der “heilen Welt“ so viel Aufmerksamkeit generiert, so wie bei vielen Sprichwörtern oder einigen Liedern, in denen darüber gesungen wird, dass wahre Liebe einfach alles oder jeden besiegen kann und komplett unfehlbar ist, wird oft die Tücke genau dieser angeblich bedingungslosen “Liebe“ eben nicht bedacht und behandelt.
Denn nur weil man sich liebt, heißt das noch lange nicht, dass man sich nicht streiten darf. Etwas, was in Filmen oder Büchern entweder gar nicht passiert oder auf die nächste Stufe, in Form einer einzigen Auseinandersetzung, angehoben wird, a là “Ich habe dich hart verarscht, aber nur, weil ich da noch nicht in dich verliebt war und wusste wie du wirklich bist“, was für sich selbst noch einmal ein ganz negativ-behaftetes Verhalten ist, mit dem man eigentlich nicht in eine neue Beziehung starten sollte.
Die Illusion der perfekten Beziehung unterstützt den Gedanken an eine Trennung
Die Thematik des “Streits“ wird, sofern man kein Fan von amerikanischen Sitcoms ist, also quasi so gut wie nie in den Medien behandelt. Selbst die berühmtesten Filme stürzen sich eher auf das berauschende und aufregende Anfangen der Beziehung, als auf das Warten dieser und was dafür alles nötig ist, um sie am Laufen zu halten. Genau deshalb gibt es auch bis zum heutigen Tage nicht nur Probleme mit dem Verständnis von Partnerschaften und der Liebe selbst, sondern auch noch mit der Rollenverteilung in den jeweiligen Beziehungen.
All dies sorgt schonungslos dafür, dass, auch heute noch, viele Leute mit dem Gedanken groß werden, dass eine Beziehung keine weitere Arbeit nach dem Zusammenkommen benötigt. Und genau diese erschreckende Erkenntnis kann nicht nur für einen unrealistischen Standard an die Partnerschaft und den Partner sorgen, sondern auch dafür, dass durch das nicht Einhalten unseres Fantasiebeziehungskonstruktes wir ständig mit dem Gedanken der Trennung konfrontiert werden, da in unserer Welt “etwas nicht mit unserer Partnerschaft stimmt“. Immerhin ist diese nicht so, wie wir, er “gewohnt“ sind oder wie man es uns “beigebracht“ hat.
In solch einem Fall hat man keine andere Wahl, als einen Crashkurs in puncto Realität zu nehmen, indem man z. B. den Partner über seine Beziehungsvorstellungen ausfragt oder anfängt, sich mit seinen eigenen Gedanken zu beschäftigen, als sich auf die vorgefertigten, falschen Dinge zu konzentrieren, die wir während unseres Aufwachsens gesehen haben.
Das Vergleichen mit anderen
Ein ebenso schlimmes Problem wie das Vergleichen mit non-realen Beziehungsbildern aus Filmen oder anderen Medien ist das Vergleichen der eigenen Beziehung mit anderen Beziehungen.
Da jede Partnerschaft ganz anders ist, allein schon aufgrund der Persönlichkeiten der Partner, die das Fundament jeder Beziehung bilden, kann das dauerhafte Vergleichen mit anderem zu einem massiven Problem werden.
Denn allein die kleinsten Charakterunterschiede, die unterschiedlichen Erwartungen und Wünsche an der Beziehung, die individuellen Zukunftswünsche, die Art und Weise wie man aufgewachsen ist, die eigenen Erfahrungen und noch vieles mehr, sorgen dafür, dass wir uns alle von Mensch zu Mensch komplett unterscheiden. Oft ist es da schon schwer genug, sich intern in der Beziehung einig zu werden, aber wenn man diesen Schwierigkeitsgrad dann auch noch so weit anhebt, dass man das Leben ganz anderer Menschen mit ins eigene integrieren will, ist ein Scheitern so gut wie vorprogrammiert.
Es ist nie komplett schlecht sich ab und zu auch mal von anderen Beziehungen (ja, manchmal auch durch Medien) beeinflussen/inspirieren zu lassen. Immerhin gilt das ständige Lernen im Leben nicht nur für einen selbst, sondern auch für den besseren Umgang miteinander in der gemeinsamen Partnerschaft. Aber das Leben von anderen komplett kopieren zu wollen, ist nicht nur absolut unrealistisch, sondern zeugt auch meist davon, dass es ein internes Problem mit dem Verständnis von Partnerschaften oder dem eigenen Selbst gibt, das dringend besprochen und geklärt werden sollte.
Nähe-Distanz-Problem
Ein weiterer Grund für einen dauerhaften Trennungsgedanken ist das altbekannte Problem mit Nähe und Distanz.
Kurz gesagt: Der eine Partner braucht viel Nähe, der andere mehr seinen Freiraum
Auch wenn dieses Problem meist eher leichter zu überwinden ist, als die bisher genannten Thematiken, so leiden auch heutzutage leider noch viele Menschen unter genau diesem Streitthema.
Viel zu viel Freiraum in einer Beziehung gilt auch heute noch (auch Dank diverser Medien) als sicheres Zeichen für das Beziehungsaus und das, obwohl es etwas Essenzielles ist, was jeder von uns dringend benötigt und sich auch ab und zu genehmigen sollte und auch muss. Der Trick ist, gerade wenn der Partner eher mehr Nähe benötigt, genau diesen Umstand zu erklären und dem Lieblingsmenschen die Angst zu nehmen, dass “Freiraum“ nicht gleich “Ablehnung“ bedeutet.
Andersherum werden Menschen, die einfach ein empathisches Wesen besitzen und gern mit dem Partner Zeit verbringen möchten, oft als “klammernd“ abgestempelt. Etwas, was gerade in Freundes- und Familienkreisen zum dauerhaften Problem werden kann, wenn das simple Fragen, wann der Partner denn nach Hause kommt, im Dauertakt total missinterpretiert wird.
Meist helfen hier klärende Gespräche, warum man so viel Nähe oder Freiraum pflegen möchte und weshalb diese Gedanken nicht mehr bedeuten müssen, als was man ihnen manchmal zuschreiben möchte. Auch Kompromisse und Nachfragen, helfen hier wahre Wunder.
Eskalierende Streits
Der wohl häufigste Grund für Trennungsgedanken sind nicht richtig geführte Streitgespräche.
Wir selbst erwähnen es fast in jedem Artikel: Kommunikation ist das A und O in jeder Beziehung
Und Streits sind da keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil sogar. Da wir anhand unserer Auseinandersetzungen und Diskussionen miteinander und aneinander wachsen, gehören Streitgespräche sogar mit zu den wichtigsten Gesprächen, die wir in unserer Beziehung führen können.
Und je falscher wir diese angehen, umso weniger fühlen wir uns in der Beziehung wohl.
Wenn dies öfter vorkommt und wir durch all die fehlgeleiteten oder ungelösten Streitereien das Gefühl bekommen, weder ernst genommen, richtig behandelt oder richtig gehört/verstanden zu werden, ist es kein Wunder, wenn unser Selbstschutz greift und uns mit alltäglichen Trennungsgedanken warnen möchte.
Richtig streiten will gelernt sein
- Die Gefühle und Eindrücke des Partners ernst nehmen und nicht bewerten (z. B. „Was für ein dummer Gedanke“)
- Respektvoll gegenüber dem Partner sein (Ausreden lassen, sich nicht über ihn lustig machen oder beleidigend werden)
- „Ich-Botschaften“ verwenden („Ich fühlte mich dadurch verletzt“ klingt immer besser als „Du hast mich verletzt“. Vor allem, weil man nicht weiß, ob der Partner dies absichtlich getan hat. Zumal dies auch deeskalierender auf den Streit wirkt)
- Wörter wie „immer“ oder „nie/niemals“ vermeiden (Verschlimmern den Streit oft und entsprechen, in der Wut gesagt, auch oft nicht der Wahrheit)
- Nachfragen, was der Partner gemeint hat. Denn gerade in der Wut oder Enttäuschung, versteht man die Dinge eben oft nicht so, wie sie der Partner ursprünglich gemeint hat
- Fehler zugeben und sich aufrichtig entschuldigen
- Zuhören (Dazu gehört auch vorab nachzufragen, ob man überhaupt seinen Senf dazugeben oder erst einmal nur zuhören soll)
- Kompromisse vorschlagen und den Partner fragen, was er sich eigentlich wünscht, immerhin wird niemand glücklich, wenn man nur auf dem eigenen Willen beharrt und man zeigt so auch noch Interesse für den Partner, der sich so gehört fühlt (Zumal durch das gegenteilige Verhalten auch noch indiziert wird, dass die Gefühle eures Partners für euch weniger wert sind, als euer eigener Vorteil)
Keine Veränderung, trotz vieler Streitgespräche
Die nächste Stufe des letzten Punktes, welche ebenfalls für ständige Trennungsgedanken sorgen kann.
Denn selbst wenn man die Streitgespräche und Diskussionen nach allen respektablen Regeln der Kunst beherzigt und sogar, beidseitig, mit einem guten Gefühl aus einem Streit hervorgeht, ist dies kein Garant dafür, dass danach alles gut wird. Denn was nach dem Streit folgt, ist die Arbeit an den genannten Problematiken und das Lösen dieser. Womit wir zum altbekannten Spruch zurückkämen, dass das gemeinsame Zusammenleben einer Beziehung wahrhaftige Arbeit ist, die stets eine Wartung bedarf.
Wenn diese abgemachten Lösungsansätze dann aber nicht fruchten oder schlimmer noch, trotz allem, immer wieder ignoriert oder nicht beachtet werden, ist es nicht gerade ungewöhnlich, dass man nach dem gefühlt hundertsten Klärungsgespräch irgendwann müde wird.
So müde, dass, sobald eine bestimmte Thematik aufkommt oder sich allgemein ein Streit anbahnt, bereits der Trennungsgedanke im Kopf aufploppt und die ersten Zweifel sät. Was sogar in Anbetracht der eben genannten Situation, alles andere als schlecht oder ungewöhnlich ist. Denn Unwohlsein in der Beziehung, gerade wenn dieses bereits mehrfach besprochen und geändert hätte werden sollen, sollte ab einem gewissen Punkt auch nicht mehr einfach so hingenommen werden. Schließlich seid auch ihr ein Teil dieses Beziehungskonstruktes und habt ein Recht auf Glücklichsein und das Ausleben eurer Wünsche und Vorstellungen.
Dies ist wahrhaftig die beste Situation, in der man den drohenden Trennungsgedanken sogar aussprechen sollte, um die Beziehung gemeinsam zu retten und eine Lösung zu finden.
Diverse Diagnosen, Krankheiten und Gaslighting
Was viele vergessen, aber zum Glück immer prägnanter in der Gesellschaft wird, ist die Tatsache, wie sehr verschiedenste Krankheiten, Diagnosen oder sogar vergangene Manipulationsaktionen (z. B. von Expartnern) unsere aktuellen Beziehungen beeinflussen.
Jemand, der z. B. unter einer Angststörung leidet, braucht kein großes Tamtam, um an eine Trennung zu denken. Oft entstehen solche Gedanken alleine schon im normalen, langweiligen Alltag. Menschen mit Depressionen oder Burn-out sind z. B. so sehr durch ihre eigenen Problematiken eingenommen, dass sie, gefangen in ihrer alltäglichen Belastung, selbst dauerhaft an Trennungsgedanken denken können oder diese unbewusst im Partner auslösen. Gründe dafür können z. B. das Ausbleiben der Aufnahme des normalen Alltages sein, so wie die quälenden Gedanken des eigenen Selbst, die den Betroffenen, den Partner, so wie die Beziehung selbst negativ in Mitleidenschaft ziehen können und ohne therapeutischer Mithilfe kaum zu überwinden sind.
Auch Menschen, die vorher, sei es von der Familie oder dem Expartner, systematisch manipuliert wurden, können einen erhöhten, inneren Fluchtreflex besitzen, sollten einige, alte Muster der Manipulation wieder in der jetzigen Beziehung auftauchen. Ehe man sich versieht, denkt der Partner, geplagt von Panikattacken, hervorgerufen durch die alten, manipulativen Muster, an die innere Trennung.
Wenn man sich selbst nicht als wertvoll sieht, ist das belastend für die Beziehung
Auch alltägliche, gesellschaftliche Normen des allgemeinen Denkwesens können hier Probleme verursachen. Z. B. wenn man aus verschiedenen Gesellschaftsschichten stammt, die Familien gänzlich andere Gehaltsklassen besitzen oder komplett anders aufgewachsen ist, passiert es nicht selten, dass man den gesellschaftlich höher angesehenen Partner als wertvoller einstuft, als man selbst. Gerade in Streitsituationen, werden dann oft genau diese Unterschiede getriggert und man beginnt zu denken, dass man aufgrund all der Differenzen ohnehin gar nicht erst zusammen sein sollte. Viele beginnen hier, auch aus Selbstschutz, sich mit der inneren Trennung zu beschäftigen, frei unter dem Deckmantel, dass der Partner ja etwas Besseres bzw. einen Mensch “der mehr so ist wie er“ verdiene.
Ein quälender Gedanke, der für dauerhafte Trennungsgedanken oder schlaflose Nächte sorgen kann und auch oft in Partnerschaften anzufinden ist, in der einer der Partner in sich selbst eine spezielle, kaum tragbare Belastung sieht (z. B. durch Krankheit, diverse Diagnose, Behinderung etc.).
Alles gravierende Problematiken und Denkansätze, die nicht nur vereinzelte Therapieansätze bei den Betroffenen benötigen, sondern auch viel Mithilfe vom Partner.
Nur wenn ihr wisst, warum ihr diesen Gedanken habt und was ihn genau auslöst, könnt ihr auch gegen diesen vorgehen
Abschließend kann man also sagen, dass der dauerhafte Trennungsgedanke alles andere als eine Modeerscheinung ist, der aus dem verwöhnten Umdenken des ständig-abrufbaren Internetdatings entstanden ist. Ganz im Gegenteil.
Auch wenn es sicherlich einige, egoistische Spezialisten da draußen gibt, die diesen Gedanken nur haben, weil sie keinerlei Arbeit in eine Partnerschaft stecken möchten, so sind die Gründe hinter dem Vorabdenkens des Trennungsschrittes weitaus vielseitiger als man zu Anfang denken mag.
Denn der dauerhafte Trennungsgedanken kann auch bei einem selbst einen erheblichen Schaden anrichten, welcher, abhängig von der Wurzel des Gedanken, die Gesamtsituation sogar noch verschlimmern kann, da man ihm ständig ausgesetzt ist. Selbstzweifel, eigenes Gaslighting („Ich stelle mich doch nur an“), Panikattacken (Sobald ein Streit/Diskussion ansteht), heftige Stimmungsschwankungen, Schlafprobleme, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, depressive Schübe, schlechtes Gewissen und noch vieles mehr, können entstehen, wenn wir dauerhaft unter dem Druck stehen, uns ständig mit einer internen Trennung von unserem eigentlichen Lieblingsmenschen zu beschäftigen.
Egal, ob Mann oder Frau, die Art und Weise der Trennungsgedanken und wie diese sich entfalten können, macht weder beim Geschlecht noch bei einer eigentlich gut funktionierenden Beziehung halt und kann wirklich jeden, zu jeder Zeit treffen.
Das einzige, was ihr tun könnt, um diesen dauerhaften, belastenden, Gedanken loszuwerden, der auch nachhaltig eure Einschätzung bezüglich eurer Beziehung negativ beeinflussen kann, ist, seine Wurzeln zu finden.