Wenn es einen Standard-Rat gibt, den so gut wie jedes Buch zur Selbsthilfe einem geben wird, dann ist es der, dass man sich selbst lieben soll. Was erst einmal wie ein typischer Esoterikratschlag klingt, ist allerdings ein wichtiges Fundament auf das alles, was uns selbst betrifft, aufbaut.
Auch eine Beziehung.
Eine gewisse Art von Selbstliebe ist unabdinglich, um sich überhaupt glücklich verlieben zu können. Das soll nicht bedeuten, dass man sich nicht verlieben kann, wenn man sich selbst nicht ausstehen kann, ganz im Gegenteil. Die Realität zeigt immer wieder, dass sich auch Menschen verlieben können, die eine Abneigung gegen sich selbst, um nicht zu sagen eine Art Selbsthass, hegen.
Oft werden diese Art Menschen in den Medien, wenn sie verliebt sind, so dargestellt, als wäre der Partner der strahlende Lichtblick am Ende des schwarzen Tunnels. Ganz nach dem Motto: „Ohne dich, wusste ich nicht wie schön das Leben sein kann. Ich will für immer bei dir sein.“ Oder: „Ohne dich hätte ich niemals herausgefunden, was wahre Liebe ist, da ich sie nie so erfahren habe.“
Alles Sachen, die sehr romantisch klingen und es irgendwie ja auch sind. Allerdings gibt es hier eine gewisse Problematik. Und dies ist die mögliche ‘Abhängigkeit‘ zum Partner. Man kann den Lebensinhalt seines selbst nicht komplett am Partner messen. Dies ist nicht nur gefährlich und potenziell toxisch für die Beziehung, sondern macht einen auch offener, sich ausnutzen zu lassen.
Es ist ein Mindset, dass immer wieder in heutigen Zeiten in den Köpfen der Menschen existiert. Kurz um: Man denkt, dass die eigene Situation so aussichtslos ist, dass man nicht alleine klarkommen kann und dass man erst glücklich wird, wenn man sich verliebt.
Zu wenig Selbstliebe kann abhängig vom Partner machen
Dabei ist wichtig zu beachten:
1. Liebe ist nicht gleich ‘retten‘. Natürlich stützt Liebe einen und stärkt einem den Rücken. Aber es ist keine Patentformel, plötzlich glücklich zu werden und alle Probleme zu lösen. Vor allem nicht, wenn man mit sich mit dem Gedanken verliebt, dass die Liebe alle Probleme tragen wird. Das schürt nämlich nicht nur unrealistische Erwartungen an den Partner und die Beziehung, sondern sorgt sofort für eine Vorbelastung.
2. Situationen sind, so oft es manchmal scheint, nie komplett aussichtslos. Selbst wenn man durch Regeln, Gesetze, gesellschaftliche Gegebenheiten an Dinge gebunden ist, es gibt immer eine Kleinigkeit, die man machen kann, damit es einem wenigstens ein Stück besser geht. Manchmal muss man sich nur trauen, den ersten Schritt zu machen und für sich selbst einzustehen und kann dadurch seine Situation verbessern.
Indem man lernt, sich selbst zu lieben, kann man dem Gedankengut des “ich muss errettet werden und brauche einen Partner” entkommen. Wenn man lernt, sich selbst zu lieben, ist man nicht wirklich auf die Hilfe eines anderen angewiesen und wartet im stillen Kämmerchen auf die Person, die einen retten soll. Man schätzt sich selbst so wert, mit all seinen Erfahrungen und mit all seinen Narben, dass man selbst die Zügel in die Hand nehmen kann.
Man legt auch nicht die gesamte Hoffnung in die Liebe und sieht es als Patentrezept, sämtliche Probleme zu lösen und klammert sich verbissen an den Partner. Man hat seine eigenen Ansprüche und Wünsche, steht für sich ein und kann so durch Kommunikation mit dem Partner reifen. Immerhin geht es in einer Beziehung nicht nur darum, dass der eine seinen Willen bekommt oder darum, dass man die Beziehung unter allen Umständen aufrechterhält, weil sie der Lebensinhalt ist.
Eine gesunde Beziehung muss reifen. Mit Ehrlichkeit und der Persönlichkeit beider Partner, die jeweils mit ihren eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Vorstellungen, so wie Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen, die Beziehung zu ihrem persönlichen zu Hause formen. So etwas zu schaffen ist schwer möglich, wenn man so viel Druck, wie z.B. die gesamte Lebenszufriedenheit, auf die gemeinsame Liebe abwälzen will.
Denn so setzt man keine eigene Arbeit, nichts von sich selbst oder seinem eigenen Wert in die Beziehung, sondern arbeitete nur von Außen daran, die Beziehung aufrecht zu erhalten.
Selbstliebe ist unglaublich wichtig! Nicht nur in einer Beziehung, sondern auch allgemein
Selbstliebe schützt davor, ausgenutzt zu werden. Jeder, der sich selbst wirklich liebt, würde nie zu lange in einer toxischen Beziehung verbringen oder sich ausnutzen lassen. Denn man weiß einfach, dass man mehr wert ist als nur ausgenutzt zu werden. Jeder, der sich selbst liebt, würde sich nicht heruntermachen lassen und für das Einstehen, was er liebt und was einen ausmacht. Man lässt sich nicht so behandeln, weil man weiß, die eigenen Gedanken sind etwas wert!
Jeder, der sich selbst liebt, würde sich niemals einreden lassen, was für eine schlechte Person man sei. Man lernt mit den eigenen Fehlern zu leben und lässt sich nicht wegen jeder Kleinigkeit ein schlechtes Gewissen einreden, weil man genau weiß, wie man wirklich ist. Natürlich sind dies alles auch Dinge, die Menschen passieren können, die eine hohe Wertschätzung von sich selbst besitzen, aber es ist unwahrscheinlicher, dass einem diese Dinge passieren, wenn man eine hohe Selbstachtung hat.
Hier reden wir nicht von Hochmut, Stolz oder Narzissmus, sondern einfach über eine gesunde Art der Selbstliebe. Und genau besagte Selbstliebe ist leider etwas, was in unserer heutigen Gesellschaft nicht nur untergeht, sondern ganz oft sogar unbewusst unterdrückt wird. Das, was uns ausmacht, das, was wir während der Adoleszenz erlernen sollen, ist in einer Gesellschaft, in der es vor allem um Leistung geht und eher nicht um einen selbst, schwierig zu erreichen und vor allem beizubehalten. Und genau das macht es schon im Kindesalter schwer, sich um sich selbst zu kümmern, sich wertzuschätzen und damit sich auch lieben zu lernen.
Vergleiche beherrschen unsere Gesellschaft genau wie Geld und Erfolg. Alles kann anspornen, inspirieren und für neue Perspektiven sorgen, aber gleichzeitig kann es auch toxisch sein und unsere eigene Selbstentwicklung einschränken. Besonders wenn es darum geht, mit seinen Fehlern, seinen eigenen Gedanken, Bedürfnissen und Wünschen, gerade wenn diese etwas von der Norm abweichen, zu sich zu stehen und diese selbst akzeptieren zu lernen.
Sicht nicht selbst lieben zu lernen, macht uns alle unsicher, angreifbar und lässt uns Grenzen überschreiten, die wir eigentlich nicht überschreiten wollen, nur um gesehen zu werden oder sich der Norm anzupassen. Und das muss sich dringend ändern.
Gerade in Beziehungen kann solch ein Verhalten überaus toxisch werden und die Beziehung, obwohl man es gar nicht möchte, durch seine eigene Unsicherheit, Angst und emotionalen Abhängigkeit vom Partner sabotieren. Und nicht nur dafür ist Selbstliebe in einer Beziehung gut. Denn durch die Liebe zu sich selbst erkennt man meist erst, was für einen wichtig ist. Es ist ein ständiges sich selbst weiterentwickeln, da man seine eigenen Gedanken, Bedürfnisse und Wünsche auch ernst nimmt. Man empfindet sie als ‘wichtig genug‘.
Durch Selbstliebe den Partner mehr schätzen
Nur so ist auch ein aufrichtiger, gemeinsamer Austausch mit dem Partner möglich, in dem man seinen Standpunkt perfekt vertreten kann. Dies festigt nicht nur den Beziehungsrahmen, sondern erleichtert es einen auch gerade weil man durch den harten und schweren Prozess der Selbstliebe gegangen ist, die hart erarbeiteten Wünsche, Bedürfnisse und Gedanken des Partners genauso wertzuschätzen. Wer weiß, wie schwer es ist, sich selbst zu lieben, hat es leichter Respekt, Empathie und Freude für diejenigen zu empfinden, die im selben Boot sitzen und den Mut haben, sich auf solch einer emotionalen Ebene zu öffnen, auch wenn man nicht immer derselben Meinung ist oder auch mal Fehltritte passieren.
Immerhin gehört dies mit zum Entwicklungsprozess von uns allen und bei Menschen, die wissen, was sie wert sind und sich auch stets verbessern wollen, ist dies sogar ein ganz bewusster, der definitiv zur aktiven Selbstentwicklung beitragen wird. Selbstliebe eröffnet einem also nicht nur Wege in seine eigene Emotionalität, sondern auch Wege zu der Emotionalität von anderen Menschen. All diese kleinen Nebeneffekte der Selbstliebe können einem im Alltag über den Weg laufen, wenn man in einer Beziehung ist.
Dabei sollte man es nicht übertreiben und sich wegen jedem Kleinkram reflektieren oder jedes kleine Thema diskutieren, um sich selbst und seine eigene Selbstliebe zu demonstrieren oder diese bei Unsicherheit zu festigen, sondern man sollte den perfekten Mittelpunkt finden.
Liebt euch selbst, aber übertreibt damit nicht.
Liebt euch selbst, aber vergesst dabei euren Partner nicht.
Liebt euch selbst, aber seid deswegen nicht in allem der Experte.
Liebt euch selbst, aber gebt eurer Selbstliebe auch mal eine Pause, damit sie wachsen kann und lasst Fehler zu. Sich selbst zu lieben ist genau wie eine Beziehung zu führen, harte Arbeit und ein langjähriger Prozess. Je später ihr damit anfangt, umso mehr müsst ihr es lernen.
Selbstliebe ist schon lange kein Esoterikratschlag mehr, der nur für zwielichtige Muntermachkurse von Nicht-Psychologen ausgehändigt wird, die nur an euer Geld wollen, sondern ein gesellschaftlich bekanntes Gut, dass jeder von uns besitzen sollte. Nicht nur, um uns selbst zu stärken, sondern auch, damit wir so das Beste aus uns herausholen können.
Selbstliebe ist ein Prozess
Wie will man für jemand anderen da sein und einem helfen, wenn man in sich selbst kein Vertrauen hat oder sich selbst nicht helfen kann? Wenn euch eure Beziehung wichtig ist, solltet ihr ab und zu solche Dinge wie Selbstliebe auffangen und euren Partner in diesem Bereich bestärken. Selbstliebe zu lernen kann ein harter, niemals endender Prozess sein, auf dem viel zu viel Schutt liegt, wenn man einmal zurückschaut.
Er ist sicherlich nicht einfach, aber das Gefühl, wenn man weiß, was man geschafft hat, stolz auf sich sein zu können gewisse Situationen ‘überlebt‘/gemeistert zu haben, zu wissen, wer man wirklich ist und zu begreifen, dass man selbst aus eigener Kraft solche eine (emotionale) Stärke aufweisen kann, ist wahrer Balsam für die Seele. Selbstliebe, so klein oder groß sie auch sein mag, ist etwas, das wir alle in uns tragen sollten und das nicht nur in einer Beziehung.